Depressiv bedingte Schlafstörungen: Wirkstoffe im Vergleich

Schlafstörungen sind ein Kardinalsymptom der Depression und lösen oft einen Teufelskreis aus Müdigkeit, längeren Bettzeiten und gestörten Schlaf-Wach-Rhythmen aus. Das sind Ihre Therapieoptionen.
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So äußern sich Schlafstörungen bei Depressionen

Schlafstörungen treten bei bis zu 90 % der Depressions-Patienten auf und äußern sich meist durch 

  • frühmorgendliches Erwachen,
  • Morgentief mit Fatigue und innerer Anspannung bis zum Nachmittag,
  • Insomnie und
  • Tagesmüdigkeit.1

Auch die Schlafarchitektur verändert sich: Chronischer Stress und Folgestörungen wie Depressionen führen zu einer erhöhten Aktivität der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden (HPA)–Achse und damit zu einem Anstieg der Kortisolausschüttung – entgegen des normalen Tagesgangs auch oft in der ersten Nachthälfte. Dies geht dann mit einer verkürzten REM-Schlaflatenz, einer erhöhten REM-Schlafdichte, verminderten Tiefschlafanteilen und einer gestörten Schlafkontinuität einher.1 Ziel der medikamentösen Akuttherapie der Depression sollte neben dem Erreichen einer Remission auch sein, den Leidensdruck des Patienten zu lindern und Symptome der gegenwärtigen Episode zu behandeln.2


Welches Antidepressivum bei schlaflosen Nächten?

Grundsätzlich gilt: Mit einsetzender Wirkung eines Antidepressivums normalisiert sich mittelfristig auch der Schlaf. Dennoch haben verschiedene Wirkstoffe v. a. initial sehr unterschiedliche Wirkungen auf den Schlaf – sie können schlafanstoßend, sedierend, aber auch schlafstörend wirken (Tabelle 1).1


Tab. 1: Wirkung verschiedener Antidepressiva auf den Schlaf (modifiziert nach [1])

Hypericum als schlafförderndes Antidepressivum? 

Johanniskraut ist nicht unbedingt als „klassisches“ schlafförderndes Antidepressivum bekannt. Doch eine Reanalyse gepoolter Daten zweier Placebo-kontrollierter Studien zu Laif®900 zeigte, dass sich der Schlaf der Studienteilnehmer parallel zur Reduktion des HAMD-17-Gesamtwerts verbesserte. Dafür wurde eine sog. Faktorenanalyse durchgeführt. Diese hat das Ziel, gebündelte Parameter, wie in diesem Fall den HAMD-17-Score, auf wenige zentrale Faktoren zu reduzieren. Dass die verbesserte Schlafsymptomatik nicht im Nachgang zur Verbesserung der depressiven Symptomatik auftrat, spricht gegen die Vermutung eines sekundären Effekts im Rahmen der allgemeinen Besserung der Depression.3

Sollten Sie hochdosierten Johanniskraut-Extrakt verordnen, denken Sie daran: 

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Raus aus den Federn: Restriktion der Bettzeit kann Stimmung bessern

Depressions-Patienten sind häufig von einer chronisch erhöhten Wachheit betroffen und kommen nur schwer zur Ruhe. Sie steuern gegen, indem sie sich zurückziehen und Reize von außen meiden. Zudem neigen sie dazu, früher ins Bett zu gehen, länger liegen zu bleiben und sich auch tagsüber hinzulegen. Dieses Verhalten ist oft der Beginn eines Teufelskreises.4 Denn die erhöhte Wachheit wird durch Schlaf eher befeuert, während eine Erhöhung des Schlafdrucks mittels Schlafdeprivation dem eher entgegenwirkt.5

In einer Studie mit 22 Patienten mit mittelschwerer Depression wurden über einen Zeitraum von durchschnittlich 174 Tagen Daten zu ihren Bett- und Schlafzeiten sowie depressiven Symptomen gesammelt. Es zeigte sich, dass bei der Hälfte der Patienten eine längere Bett- oder Schlafenszeit mit einer Verschlechterung der depressiven Symptome einherging.5 Erkennen Betroffene einen solchen Zusammenhang bei sich selbst, können daraus ganz individuelle Therapieempfehlungen abgeleitet werden. Dafür sollten sie sich täglich notieren, wie lange sie im Bett lagen und wie die Stimmung am nächsten Tag war.4

Quellen:

  1. Mikoteit T, Holsboer-Trachsler E. Beeinflussung des Schlaf-Wach-Rhythmus durch Antidepressiva. Psychiatrie & Neurologie 2013;5.

  2. S3-Leitlinie und Nationale VersorgungsLeitlinie Unipolare Depression, Langfassung, 2. Auflage, November 2015, Version 5; www.leitlinien.de/nvl/depression.

  3. Volz HP et al. Wirksamkeit des Johanniskrautextrakts STW3-VI. Eine Reanalyse gepoolter Daten zweier Placebo-kontrollierter Studien. Psychopharmakotherapie 2018;25:170-6.

  4. Deutsche Depressionshilfe. Studie: Schlaf und längere Bettzeit können depressive Symptome verschlechtern. Pressemitteilung vom 09. Oktober 2020.

  5. Lorenz N et al. Temporal Associations of Daily Changes in Sleep and Depression Core Symptoms in Patients Suffering From Major Depressive Disorder: Idiographic Time-Series Analysis. JMIR Ment Health 2020; 7(4):e17071. 

Bildquelle: ©gettyimages/ BUKET TOPAL